Der wohl erste Arzt (Dr. Waas 1889 - 1952) mit wissenschaftlicher Ausbildung an der Universität wirkte etwa dreißig Jahre bis zu seinem Tod im Jahre 1952 in Östringen. 
Seine Frau Angela (1890 - 1952), geborene Moch aus Langenbrücken gebar drei Söhne, Reinhard, Emil und Herbert, von denen Emil Waas als Grafiker, Maler und Autor Berühmtheit erlangte. 
Um den volkstümlichen Arzt, der mitunter ungewöhnlichen Behandlungen anwendete, um seine Patienten zu heilen, ranken sich unzählige Anekdoten. 
Seine große Liebe galt der Erforschung der Geschichte seiner Heimatstadt, deren Ergebnisse er veröffentlichte. 
Auch Gedichte und Liedtexte aus seiner Feder erinnern noch heute an beliebten Mediziner mit Ecken und Kanten.
(Text: Stefan Bachstädter, Bilder: Archiv Museum)

Familie Waas

              

Dr. med. Franz Waas

 

 

 

Wenn man heute von Dr. Franz Waas spricht, steht seine große Liebe und Hinwendung zur Heimat im Vordergrund -zählt er doch mit zu den ersten Heimatschriftstellern , der die kleinen und großen Schwächen seiner Landsleute in humorvoller Art in seiner "Moddäschprooch" für uns festgehalten hat. Nicht zu vergessen sind auch seine heimatkundlichen Abhandlungen. Er hat damit vielen von uns Sinn und Liebe zur Heimat und Dialekt erschlossen und somit das Vergangene in die Gegenwart gerettet.

Aus den vielen Erzählungen meines Vaters (wie Dr. Waas 1889 geboren) die Teilgrundlage dieses Buches sind, versuche ich mit einigen kleinen Begebenheiten aus dem ärztlichen Wirken von Dr. Waas etwas von seiner Originalität zu vermitteln.

 

Der Östringer Arzt, war ein überaus tüchtiger Mediziner, dem man auch wohltätige Großherzigkeit gegenüber seinen armen Patienten nachsagte. Die Hausbesuche bei einem Kranken mit schwerer Lungenentzündung stellte er wie folgt in Rechnung: "Wann dei Kanariävegeli widdä Jungä hod, bringsch mä oons dävu". Oder ein andermal: "Ich will nix, loss deinä Kinnä meh zukummä un verkaaf nett noch s'letschd Eilä, sie sen jo schun halwä an dä Millich verkruppd". Diese Äußerungen machen deutlich, daß auch in Naturalien bezahlt wurde, wie auch mir in guter Erinnerung ist, daß ich am Schlachttag immer "zu's Dokders" Wurstsuppe, Fleisch, Wurst und "Filsei" getragen habe. Dies jedoch nicht wegen Zahlungsrückständen, sondern aus Dankbarkeit, war es für Dr. Waas doch selbst­ verständlich, die Verwandtschaft ohne Gegenleistung zu betreuen. In der damaligen Zeit waren die wenigsten Leute krankenversichert und nicht umsonst galt der Spruch: "Weil Du arm bist, musst Du früher sterben". Es steht völlig außer Zweifel, daß in dieser Zeit der Arzt nur aufgesucht wurde, wenn es nicht mehr ohne seine Hilfe ging. "Zu mir kummä sie, wann sie dä Kopf unnerm Arm hewwä un moonä dä wä äm Nu widdä druffgebabbd". "Herr Dokdä, ich bin Schdeeg nabgschderzd, ich glaab, mei Knieschisseli isch verschprungä, konn nemmee uff dä Fuss schdeh".

Die korpulente Patientin, die "Abspecken" wollte, und einfach feste Nahrung von ihrem Speisezettel strich, meinte: "Herr Dokdä, sie messä mä helfä, heb zwa schun 12 Pfund abgnummä un s'Gwicht vun dä Briggäwoog längd widdä, awwä morijäts isch mers immä sou aadlich (eigenartig), heb dä Dormel un faschd koon Wegschdeiä meh", sechd dä Dokdä: "zu Doud g'hungert isch a gschdorwä, un än leerä Sack bleibd hald nett schdeh, bei derrä Rosskur mechsch noch dei Herz kaputt".

Auch der kinderreiche und besorgte Famileinvater könnte ihn so um Rat gefragt haben: "Herr Dokdä, achd Schdick hewwä mä wie d' Orgelpfeifä - un noch koi End, wänn'i mei Housä na än dä Bettpfoschdä hengk. ……

Mei Fraa isch's reinschd Machgensel, wie werd des noch ausgeh, was soll i noch machä?".

Der Arzt wurde in dringenden Fällen nätürlich auch in der Nacht geholt und so geschah es wie so oft, dass lange nach Mitternacht an der Haustüre Sturm gelitten wurde. Der Doktor machte im 2. Stock das Fenster auf und rief nach unten: "Wer isch doo un was isch bassierd? " Als Antwort vernahm er: "Ha, Ha, Ha, Ha", unverständliche Töne in wechselnder Lautstärke. Der Arzt schätzte den Untenstehenden als Betrunkenen ein, schloß verärgert das Fenster und legte sich wieder zu Bett. Sogleich schrillte erneut die Türglocke und beim Öffnen des Fensters hörte der Arzt die gleichen Laute. Ihn packte der Zorn, er ging eilend's die Treppe hinunter, riß die Türe auf und schlug wortlos dem Ruhestörer eine schallende Ohrfeige runter. Der Mann nahm den Doktor überglücklich in die Arme und bedankte sich für schnelle Diagnose und Hilfe. Sein Unterkiefer hatte sich ausgehängt. "Die Gosch hod g'schperrd und allers rumdriggä nix gebatt, awwä sou än gschdudierdä Mann hilfd mid aam krefdichä Schlag".

: Aus E. Barth-Gimbel, Gedichtä - Erinnerungä - G'schichdä