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Löss als Klimazeuge im Kraichgau

 

 

In trockenkalten Abschnitten der Kaltzeiten kam es zur Lössüberblasung des Kraichgaus. Der Gesteinsstaub aus den Schotterfeldern des eiszeitlichen Rheins ist sehr kalkhaltig und enthält zahlreiche Primärsilikate, die im Laufe der Bodenbildung unter milderen Klimabedingungen zu fruchtbaren Tonmineralien verwitterten. Die so entstandenen Lösslehme der Bodentypen Parabraunerde und Braunerde schufen hervorragende Voraussetzungen für den Ackerbau, bevorzugt auf schwächer geneigten und ebenen Flächen. Das milde Klima ermöglicht auch den Weinbau an steileren Lagen. International prämierte Spitzenweine von namhaften Weingütern kommen aus dem Kraichgau und insbesondere auch aus Östringen. Das hier aufgeschlossene Lössprofil zeigt, dass sich auch in den Warmzeiten zwischen den Eiszeiten des Quartärs Böden ausbilden konnten. So spiegeln die Lösspakete das Klimageschehen seit den Eiszeiten wieder, wie die Dokumentation des folgenden Lössprofils zeigt. 

Bei den Bauarbeiten zur Nahwärmezentrale am östlichen Rand des Östringer Schulgeländes wurde im Sommer 2020 an der Westwand der Baugrube ein interessanter Aufschluss freigelegt. Die Fundstelle gehört zu einer Hangterrasse am Nordhang des Hummelbergs.  Die Aufschlusswand reichte bis ca. 8,5 m unter Flur. Zu sehen war eine Folge von unterschiedlichen kaltzeitlichen Deckschichten, welche die Gesteine des Schwarzen Jura (Lias) der Langenbrückener Senke überlagern. Dieses Deckschichtenprofil ermöglicht eine Interpretation des Klimageschehens während der letzten Eiszeit (Würmeiszeit) für den Zeitraum von vor mehr als 90 000 Jahren bis heute und seine Auswirkungen auf die Ausformung der Kraichgau-Landschaft. Die Profilskizze soll die auf dem Foto erkennbaren geologischen Strukturen verdeutlichen. 

 

 

 

Diese Befunde erlauben eine gewisse zeitliche Einordung und Dokumentation des Klimageschehens während der letzten Eiszeit für den vorderen Kraichgau und sind für den Raum Östringen einmalig. Sie zeigen umfassend, wie die Kraichgau-Landschaft ihr heutiges Gesicht dem Wechselspiel von Abtragung und Aufschüttung, ausgelöst durch die Dynamik des Eiszeitklimas, verdankt.

Zur Station 9 den 300 m langen Feldweg geradeaus weiter zur Tafel „Talassymetrie und Sukzession“.